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Redenschreiben und Briefings

Redenschreiben und Briefings

Rhetorik, Grundlagen
Rhetorik-Grundlagen

Redenschreiben und Briefings: Eine Selbstverständlichkeit? Sollte man meinen. Erfahrungsgemäß ist ein zielorientiertes, problemloses Briefing allerdings die Ausnahme. Es lohnt sich zu hinterfragen, warum …

 

1 Redenschreiben und Briefings: Prozesse des Gedankenlesens?

Redenschreiber finden sich oft wieder zwischen Termindruck einerseits –sowie der Erkenntnis, des Gedankenlesens nicht mächtig zu sein, andererseits. Grund dafür ist die häufige Vernachlässigung von Briefings durch Redenauftraggeber. Immer wieder mit dieser Problematik konfrontiert, haben wir uns entschlossen, sie an dieser Stelle zu analysieren und zwei Lösungsansätze zu diskutieren.

2 Fehlende oder lückenhafte Briefings als Ursache ziellosen Redenschreibens

Deckungsgleich betonen Fachbücher zum Thema Organisationskommunikation die Notwendigkeit konkreter Zielformulierungen (vgl. Zerfaß, 2010, S. 348; vgl. Schick, 2014, S. 9) oder –im weiteren Sinne – von Briefings als Aufgabenstellungen und Analysen kommunikativer Gesamtsituationen als Grundlage für die Ausgestaltung von Kommunikationsmaßnahmen (vgl. Bruhn, 2014, S. 355). Mit Blick auf Reden – als Maßnahmen interner oder externer Kommunikation – scheint allerdings zielloses Schreiben keine Ausnahmeerscheinung zu sein. Wie weit dieses Phänomen verbreitet ist, ist empirisch nicht darlegbar. Doch bemängeln Teilnehmer an Seminaren zum Thema Redenschreiben der Deutschen Rednerschule ausnahmslos große Kommunikationsschwierigkeiten während der Briefinggespräche oder gar  deren Nichtexistenz. Dieses Bild deckt sich beispielsweise mit Erfahrungen des Redenschreibers von Trotha (vgl. 1998, S. 11) und praktischen Erfahrungen des Teams der Deutschen Rednerschule. Die im Rahmen von Seminaren der Deutschen Rednerschule am häufigsten diskutierten Punkte zum Thema Redenschreiben und Briefings sind:

  • außer Themen- und Faktenvorgaben keine oder stark lückenhafte Informationen über Publikum, Gesamtredesituation, gewünschte Botschaft oder erwünschter Stil
  • (gefilterte) Vorgaben über Dritte (z. B. Assistenz des Redners)
  • schriftliche Vereinbarungen unerwünscht/aufgrund Zeitmangels nicht möglich

3 Diskussion von Problemlösungsansätzen

Redenschreiben und Briefings: eine Checkliste
Abb.: Checkliste für das Verfassen von Reden.

Gemeinhin sehen Literatur und  Redenschreibseminare (z. B. der Deutschen Rednerschule) Checklisten (vgl. Abb.) als probates Mittel an, um Briefings/Konzeptionen Struktur zu verleihen (vgl. Franken/Franken, 2011, S. 461-467). Listen, mit deren Hilfe  z. B. die Botschaft festgehalten werden kann – genauso wie Angaben über das Publikum. Allerdings ist anzumerken, dass Seminarteilnehmer Checklisten zwar als hilfreiche Gedächtnisstützen wahrnehmen. Aber häufig kritisieren, die Ergebnisqualität von Briefings würde durch sie kaum verbessert. Aufgrund intensiver Gespräche mit Seminarteilnehmern verfestigt sich der Eindruck: Briefingunwille von Redenauftraggebern könnte im Kern mit Wissenslücken im Kontext kommunikativer Settings und Zielformulierungen zusammenhängen – Briefingbestandteile können von ihnen nicht in Worte gefasst werden. Selbst wenn sie wollten. Dies erklärte, warum Redenschreiber berichten, für Briefings fehle auf Seiten der Auftraggeber meist die Zeit – die sich just aber in dem Moment genommen werde, wenn fertige Reden infrage gestellt und redigiert würden. Es scheint, erst mit Fertigstellung einer Rede erhielten Auftraggeber Klarheit, was sie nicht wollen. Um neue Lösungsansätze zu entwickeln, wären empirische Untersuchungen hilfreich, die folgende Fragen klären müssten:

  • Wie weit verbreitet ist das Phänomen tatsächlich? Was sind die Gründe für lückenhafte oder nicht stattfindende Briefings aus Sicht von Redenauftraggebern?
  • Sind Redenauftraggeber tatsächlich aufgrund fehlenden Wissens nicht in der Lage, ein fundiertes Briefinggespräch zu führen? Wenn ja – welches Wissen fehlt?

Bestätigte sich die hier angestellte Vermutung, dass das Redenschreiben und Briefings aufgrund mangelnden Auftraggeberwissens häufig inhaltlich völlig auseinanderdriften, (wahrscheinlich, weil ein Redner nicht zwangsläufig einen kommunikationsfachlichen Hintergrund aufweisen muss), müsste dies einen Wandel der Sichtweise auf das Thema nach sich ziehen: Nicht das Agieren/Stärken des Redenschreibers stünde mehr im Mittelpunkt. Sondern die Frage, mit welchem Wissen und wie Redner ausgestattet werden müssten, damit sie Briefings konstruktiv gestalten können.

Akropolis von Rhodos (Odeion)
Abb: Redenschreiben und Briefings – ein Thema wohl so alt wie die Rhetorik selbst.

Damit drängt sich das Lernen im Team als Lösung auf. Seminare also, die nicht nur die fachliche Fortbildung von (angehenden) Redenschreibern im Blick haben. Sondern ebenso die fachliche Aufklärung der jeweiligen Redner über Zielformulierungen und sachgerechte Konzeptionen von Reden. Vorstellbar wären in diesem Rahmen Aufgaben der Redekonzeption und -produktion, bei denen Redner und Redenschreiber ihre gewohnten Rollen tauschen. Um so Verständnis für die Rolle des jeweils anderen zu fördern. Inwiefern tatsächlich Potenziale bestehen, Redner und Redenschreiber zusammenzubringen, bleibt aufgrund erfahrungsgemäß divergierender Fortbildungsziele ungewiss. Zudem beobachten wir seit langer Zeit ein strukturelles Problem: weit verbreitetes Standdesdenken, das Redner von Redenschreibern trennt. Undenkbar scheint es in vielen Firmen und Institutionen, dass Repräsentierende (Redner – meist auf den Ebenen L1 bis L2 zu finden) mit ihren Redenschreibern (Redenschreiber – maximal auf der L3 zu finden, häufig aber Assistenten, Volontäre und Praktikanten) in einem Seminarraum sitzen könnten. Genau dieses Denken aber führt zurück zur eigentlichen Frage: Warum gleichen Redenschreiben und Briefings so häufig dem Gedankenlesen? Eventuell auch, weil das Briefing auf Fragen basiert – und Frager, in diesem Sinne also Redenschreiber, sich stets in der Rolle des Gesprächsleiters befinden. Was wiederum eine Situation darstellt, die die täglichen Erfahrungen vieler Führungskräfte konterkariert …

So oder so– als Fazit bleibt: Zielloses Schreiben ist das Ergebnis nicht vorhandener Informationen. Es sei denn, Redenschreiber würden tatsächlich als Gedankenleser angesehen. Und dafür bezahlt. Um die Qualität der Rhetorik in Deutschland spürbar zu verbessern muss das Thema Redenschreiben und Briefings einen sehr viel höheren Stellenwert annehmen. Sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik.

 

Quellenverzeichnis

Bazil, Vazrik (2001): Die Rede als PR-Instrument. In: Bentele, Günter / Piwinger, Manfred / Schönborn, Gregor (Hrsg.): Kommunikationsmanagement. Strategien, Wissen, Lösungen.
Band 2, Neuwied u.a.: Hermann Luchterhand Verlag GmbH, Kap. 5.12, S. 13.

Bruhn, Manfred (2014): Unternehmens- und Marketingkommunikation. Handbuch für ein integriertes Kommunikationsmanagement. 3., vollständig überarbeitete Aufl. München: Verlag Franz Vahlen GmbH.

Deutsche Rednerschule GmbH (2017): Seminarunterlagen Manuskript. Berlin: Deutsche Rednerschule.

Franken, Andreas / Franken, Friedhelm (2011): Handbuch Redenschreiben. Hrsg. von: depak-Presseakademie GmbH. Berlin: Helios Media GmbH.

Schick, Siegfried (2014): Interne Unternehmenskommunikation. Strategien entwickeln, Strukturen schaffen, Prozesse steuern. 5., aktualisierte Aufl. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag.

Trotha, Thilo von (1998): Reden professionell vorbereiten: handwerkliche Sicherheit; gefährliche Klippen; die wichtigsten Redetypen. Düsseldorf: Fit for Business.

Zerfaß, Ansgar (2010): Unternehmensführung und Öffentlichkeitsarbeit. Grundlegung einer Theorie der Unternehmenskommunikation und Public Relations. 3., aktualisierte Aufl. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.

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