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Helden der Rhetorik – Helmut Schmidt und Richard von Weizsäcker

Helden der Rhetorik – Helmut Schmidt und Richard von Weizsäcker

Historie der Rhetorik
Rhetorik-Historie

Auch große Redner, Helden der Rhetorik, bereiten ihre Reden akribisch vor. Wie sehr gute Rhetorik gleichbedeutend ist mit dem innerlichen Ringen um Worte und deren Angemessenheit, zeigen alte, handschriftlich redigierte Manuskriptentwürfe. Schauen wir Helmut Schmidt und Richard von Weizsäcker über die Schultern …

 

Helden der Rhetorik: Helmut Schmidt

Ein Freund klarer Worte war unbestritten Helmut Schmidt. Wie sehr er Formulierungen austarierte und Rhetorik als Handwerk des Politikers verstand, wird durch seine Redemanuskripte deutlich. Helmut Schmidt war bekannt dafür, dass er die von seinen Redenschreibern angefertigten Manuskripte – meistens am Vorabend der Rede – Wort für Wort überarbeitete. Ein Beispiel seiner Akribie ist der unten zu sehende Ausschnitt einer Regierungserklärung. Im oberen Teil ersetzt er das Wort „diese“ durch „unsere“ – und stellt damit einen höheren Betroffenheitswert her, involviert also das Publikum.

Einer unserer Helden der Rhetorik – Helmut Schmidt
Abb.: Handschriftlich redigierte Manuskriptseite von Helmut Schmidt.

Weiter unten greift er meisterhaft zu verschiedenen rhetorischen Stilmitteln, um seiner Rede eine größere Bildhaftigkeit zu verleihen: Aus einem Gespräch wird ein „nächtliches Gespräch“ – welches er dann auf den Nil versetzt. Die Negativbotschaft „ermordeter“ streicht er wieder – ebenso das Stolperwort „praktizierenden“, um danach den Restsatz umzuformulieren. Es wird deutlich: Direkte Formulierungen sind ihm wichtig. Auch der letzte Satz dieser Manuskriptseite ist mit seinen umfangreichen Strukturänderungen wesentlich besser zu sprechen. Das Reflektieren – geradezu das Ringen um Worte wie auf dieser Manuskriptseite – verdeutlich auf sehr eindrucksvolle Weise, dass gute Rhetorik Ergebnis detaillierter konzeptioneller Überlegungen ist. Und sich wahre Helden der Rhetorik eingehend mit Formulierungen und Argumentationsstrukturen befassen. Und nicht auf das Blendwerk der Schauspielkunst verlassen.

Helden der Rhetorik: Richard von Weizsäcker

Der zweite große Held der Rhetorik, dem wir beim Verfassen seiner Reden über die Schulter blicken wollen, ist Richard von Weizsäcker. Als Redner des Jahres 1985 wurde der damals amtierende Bundespräsident für seine Rede vom 8. Mai 1985 mit dem Goldenen Mikrofon der Deutschen Rednerschule ausgezeichnet. Die Rede wurde anlässlich des vierzigsten Jahrestags des Endes des 2. Weltkrieges gehalten: klar strukturiert, verständlich, offen, aber auch mit rhetorischen Stilmitteln ausgestattet, stieß sie auf allgemeine Akzeptanz. Bis heute hallt sie im kollektiven Gedächtnis der Deutschen nach.

Wie er an seinen Reden feilte, geht aus Manuskriptseiten seiner Rede hervor, die er anlässlich der 350-Jahr-Feier der Harvard Universität und des vierzigjährigen Jubiläums des Marshall Planes am 11. Juni 1987 hielt. Wie bei all seinen Reden ist das DIN A 5-Manuskript sehr gut lesbar, geradezu luftig gestaltet. Die Gedanken sind in kurzen, klaren Sätzen ausformuliert. Der Rethor von Weizsäcker überließ nichts der zufälligen Eingebung; in einigen wenigen Passagen führt er Änderungen ein und verwirft Gedanken, die ihm als nicht so wichtig erscheinen. Die meisten Änderungen betreffen die Wortwahl. Von Weizsäckers Stärke war die Recherche, die Genauigkeit mit der er seine Reden konzipierte. Die Sätze „stehen“. Und haben Bestand. Wegen zweier Aussagen ist er unserer Meinung nach in besonderem Maße einer unserer Helden der Rhetorik: „Die ganze Kunst der Politik besteht darin, das langfristig Notwendige kurzfristig mehrheitsfähig zu machen.“ Und weil er den 8. Mai 1945 als „Tag der Befreiung vom menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ bezeichnete.

Helden der Rhetorik – Richard von Weizsäcker
Abb.: 3. und 4. Seite des Manuskripts.
Helden der Rhetorik – Richard von Weizsäcker.
Abb.: 5. und 6. Seite des Manuskripts.
Helden der Rhetorik – Richard von Weizsäcker
Abb.: 7. und 8. Seite des Manuskripts.

 

 

 

 

 

 

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